Es war das Jahr 1998, als sich das Leben der damals 19-jährigen Margarita Quiroz Rios für immer verändern sollte: Die junge Bolivianerin ist mit dem Fahrrad unterwegs zu ihrem Schulpaten, um mit ihm ihr letztes Schuljahr zu besprechen. Die Schülerin besucht das Gymnasium und steht kurz vor ihrem Abschluss. Plötzlich wird Margarita von einem Lkw erfasst, der ihr über beide Beine fährt. Die Gymnasiastin ist sofort bewusstlos. Ärzte amputieren ihr noch am selben Tag beide unteren Gliedmaßen, um das Leben der Schülerin zu retten.

Heute, 14 Jahre später, lebt die junge Frau im Ausbildungsheim „Luis Espinal“ von Stefan Gurtner in Cochabamba, das im vergangenen Jahr von dem Bensheimer Matthias Schaider besucht wurde. Gemeinsam mit Ludwig März, dem Vorsitzenden des Bensheimer Hilfsvereins Inti Runa, war Schaider drei Wochen in Bolivien unterwegs, um die Projekte des Vereins zu inspizieren. In „Luis Espinal“ werden junge Erwachsene unterstützt, die sich eine Ausbildung oder ein Studium nicht leisten können.

Margarita im Rollstuhl

Margarita fällt den Besuchern aus Bensheim sofort auf: Obwohl die junge Frau in einem Rollstuhl sitzt, strahlt sie Zuversicht und Optimismus aus. Von Stefan Gurtner, dem Schweizer Heimleiter, erfahren Schaider und März, dass Margarita studiert und sich tapfer durchs Leben schlägt. Sie hat eine Ausbildung zur technischen Buchhalterin in Cochabamba absolviert. Zurzeit strebt sie ein weiteres Examen an, um ihren Titel zu bekommen. Margarita ist interessiert an anderen Studienrichtungen und unterstützt die neue Organisation der Stadtverwaltung von Colcapirhua, die sich der Zusammenarbeit mit behinderten Menschen widmet. Sie ist Mitglied einer sozialen Genossenschaft von behinderten Menschen, in der überwiegend Webarbeiten durchgeführt werden, um sich so gut es geht, selbst zu verwalten. Jeden Morgen muss Margarita über eine Stunde mit ihrem Rollstuhl zur Bushaltestelle fahren. Wer die Straßen in Bolivien kennt, weiß, dass die Wege aus unzähligen Schlaglöchern bestehen. „Für Maria bedeutet der Weg zur Universität unglaubliche Qualen“, erklärt Stefan Gurtner. Prothesen könnten Abhilfe schaffen, „doch wir können sie einfach nicht bezahlen“, sagt Gurtner zu den Bensheimern, denn ein funktionierendes Gesundheitssystem gibt es in Bolivien nicht.

Zurück in Deutschland beginnt Matthias Schaider damit, sich intensiv mit dem Thema Prothesenversorgung zu beschäftigen. Ein befreundeter Orthopäde vermittelt ihm den Kontakt zu Thomas Lammer, Geschäftsführer des Sanitätshauses Maisch in Heppenheim. Gemeinsam entwerfen Lammer und Schaider einen genauen Plan: Zunächst muss ein Orthopäde die junge Frau untersuchen, um sicherzustellen, dass ihr körperlicher Zustand die Anpassung von Prothesen überhaupt zulässt. Schaider schafft es, dass einer der besten Orthopäden Südamerikas Margarita untersucht. Das Ergebnis: Mit Prothesen könnte die junge Frau wieder gehen! Jetzt vermittelt das Sanitätshaus Maisch einen Kontakt zur Firma Otto Bock in Duderstadt, ein Vorreiter im Bereich Orthopädietechnik und gut vernetzt in Südamerika. Die Verantwortlichen des Unternehmens sind sofort bereit, die Aktion zu unterstützen und stellen Mitarbeiter in Deutschland und Südamerika ab, die die gesamte Aktion fachkundig begleiten und einen Therapieplan mit Prothesenversorgung und Nachbehandlung entwerfen.

„Entscheidend ist, dass Margarita eine optimale Versorgung erhält, da­mit sie für immer mit den Prothesen durchs Leben gehen kann“, sagt Matthias Schaider. Doch High-Tech-Prothesen sind teuer und die gesamte Behandlung samt Material kostet 13 000 Euro. Ein vor wenigen Tagen gestarteter Aufruf unter Freunden, die Aktion zu unterstützen, brachte schon knapp 2000 Euro in die Spendenkasse. Unter anderem spendeten die Aktiven der Bensheimer Frauenfastnacht einen stattlichen Betrag. „Das ist toll, dass schon viele Menschen ihre Unterstützung direkt zugesagt haben. Auch jeder kleine Betrag bringt uns dem Ziel näher, Margarita ein neues Leben zu ermöglichen“, sagt Schaider. Nun hofft der Initiator der Hilfsaktion, dass mit der Unterstützung des Bergsträßer Anzeigers,  der darüber berichtet, das benötigte Geld noch schneller zusammenkommt, damit Margarita bald wieder laufen kann!

Nach neuesten Informationen hat der Spendenaufruf von Matthias Schaider bis Ende Januar 2013 insgesamt 15.500.- € erbracht, somit ist das Ziel erreicht die nötigen Finanzmittel für Margaritas Prothesen zu sammeln. Nun erfolgt der letzte und wichtigste Teil, die praktische Umsetzung für Margarita in Bolivien. Die Weichen sind gestellt, jetzt sind unsere Partner in Bolivien am Zuge. Wir werden an dieser Stelle weiter über den Verlauf der Aktion berichten.